Die im Tal restaurierten Strahlen des Gipfelkreuzes der Zugspitze werden von Mitarbeitern wieder am Gipfelkreuz angebracht.
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100 Sekunden Leben - Das Gipfelkreuz auf der Zugspitze glänzt wieder ganz

Auf der Zugspitze strahlt das Gipfelkreuz wieder in vollständiger Schönheit. Die drei bei einem Sturm abgebrochenen Zacken wurde am Montag - frisch vergoldet - wieder angeschraubt. Unser Kolumnist Thomas Hollmann findet diesen Umstand allerdings wenig erhebend.

Gipfelkreuze sind auch nicht mehr das, was sie mal waren. Vor ein paar Jahren erst waren die drei Zacken auf der rechten Seite abgebrochen und jetzt die links. Nach einem Sturm an Heiligabend. In gottesfürchtigeren Zeiten wäre dies als himmlisches Zeichen gedeutet worden, und man hätte aus lauter Gottesfurcht ein doppelt so großes Kreuz auf die Zugspitze gedübelt. Aber da der Säkularismus inzwischen auch in die mystische Bergwelt eingezogen ist, wurde das alte Kreuz nur repariert. Und die Fotografin der Deutschen Presse Agentur schaukelte ohne jeden Weihrauch, dafür bequem mit der Seilbahn hoch zum Pressetermin.

Das Gipfelkreuz zählt im Übrigen nicht mit, bei der Bemessung des Berges. Sonst hätte man das Zugspitz-Kreuz vermutlich längst auf 38 Meter erhöht - trotz aller himmlischen Stürme. Denn dann wäre die Zugspitze 3000 Meter hoch. Und Deutschland müsste sich von der Schweiz und Österreich nicht länger auslachen lassen, gar keinen richtigen Berg zu haben.

Man könnte die fehlenden 38 Meter aufschütten. Wie man das in Pankow mit den Arkenbergen gemacht hat. Die sind auf diese Weise über den Teufelsberg hinausgewachsen - zur höchsten Berliner Erhebung. Okay, all den Bauschutt auf die Zugspitze hochschaffen, würde Mühe machen. Und womöglich wäre das auch kein wirklich erhebendes Gefühl, seinen national-alpinen Stolz aus einer Schutthalde zu ziehen.

Der Gipfeltermin gestern stand im Übrigen auf der Kippe. Zwischenzeitlich drohte schlechtes Wetter. Dann wären die Zugspitz-Kreuz-Reparierer nicht auf die Leiter gestiegen. Weil das keine schönen Bilder gegeben hätte. Aber dann schien doch die Sonne. Und zumindest die Fotografin der Deutschen Presse Agentur wird dies als ein himmlisches Zeichen verstanden haben.

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Doris Anselm, Thomas Hollmann, Wlada Kolosowa, Sebastian Schiller, Hendrik Schröder und Ebru Taşdemir betrachten mit einem schrägen Seitenblick Phänomene aus ihrem analogen und virtuellen Leben.